Veröffentlicht am 15.09.2022, Lesedauer: 5 Minuten
Weit weg von allem zu sein, klingt für einige nach Einsamkeit. Für andere ist es die perfekte Gelegenheit wirklich abzuschalten – und die Verlockung schlechthin. Dem hektischen und nie enden wollendem Alltag zu entfliehen, kann die große Chance sein, sich wieder einmal selbst zu finden. Und warum das Ganze nicht gleich mit etwas Sport und Natur verbinden? Weitwandern ist die Antwort auf viele Fragen, die oft gar nicht gestellt werden. Aus Zeitmangel. Aus Angst. Oder aus anderen Gründen, die uns von echten Erlebnissen abhalten. Zeit für ein Abenteuer!
Die Argumente fürs Wandern sind den meisten sportaffinen Personen früher oder später schon über den Weg gelaufen. Besonders weite Wanderungen verstärken die positiven Effekte mit jedem Schritt. Physisch betrachtet, passieren dabei eine Menge guter Dinge im Körper. Das beschleunigte Muskelwachstum trägt nicht nur zur allgemeinen Fitness bei, sondern erhöht auch die Pumpkapazität des Herzens, wodurch die Blutmenge in den Gefäßen steigt, was wiederum den Puls reduziert. Dazu kommt, dass beim Wandern verstärkt Fette anstatt Kohlenhydrate als Energiequelle herangezogen werden. Vor allem auf langen Wanderschaften wird dieser Prozess vom Körper trainiert und angenommen. Weitwandern ist also auch eine Investition in die eigene Zukunft. Da sind die (messbaren!) psychologischen Vorteile und Weiterentwicklung der Koordination noch nicht einmal eingerechnet.
Für viele ambitionierte Hobby-Athleten sind Sporturlaube Teil der Saisonplanung. Aber es muss nicht immer ein Trainingslager auf den Kanarischen Inseln sein. Wer die Etappen gut plant, kann sich lange aerobe Trainingseinheiten als Challenge setzen. Das ist in weniger intensiven Trainingswochen durchaus auch aus einer sportlichen Perspektive sinnvoll. Doch der Sportcharakter muss nicht zwangsweise in den Vordergrund gerückt werden. Weitwanderungen funktionieren perfekt als Ausgleich.
Die eigene Komfortzone auszuweiten, die Welt um sich herum zu vereinfachen und sich auf die Natur einzulassen, sind nur drei gute Gründe, um sich in die Weite aufzumachen. Weitwandern bringt eine Freiheit mit sich, die man sonst nirgends erfährt. Statt All-Inclusive-Hotel wartet Individualität. Von der Hüttentour über entspanntes Sightseeing bis zum Geocaching: Gewandert wird nach persönlichen Vorlieben. Das Motto „Der Weg ist das Ziel” feiert eine Renaissance. Im Sinne von Slow Travel können die Hiking-Erfahrungen mit weiteren außergewöhnlichen Erlebnissen verknüpft werden. Ein Beispiel: Übernachten in privaten Unterkünften fernab von urbanen Zentren mit Hilfe von Portalen wie Airbnb oder Couchsurfing. Oder sich bei der Ernährung an lokal produzierte Speisen halten.
Weitwanderwege gibt es in jedem Land der Welt. Wer keine Reise auf sich nehmen möchte, findet alleine in Österreich dutzende Gelegenheiten, von Bregenz bis Burgenland. Auch der grenzüberschreitende Europäische Fernwanderweg ist ein guter Startpunkt für die Planung. Seit den 90ern haben sich in Europa Weitwanderwege als besonders beliebt oder außergewöhnlich herausgestellt. Ein Überblick einiger Klassiker und Geheimtipps:
Der wohl bekannteste Jakobsweg mit einer guten Infrastruktur und vielen kulturellen Highlights.
Der West Highlands Way folgt einer alten Militärstraße durch einige der atemberaubendsten Landschaften Schottlands.
Romantische Ortschaften, Weinberge und das Flussufer im Blick: Der Rheinsteig bringt auch fürs Auge vieles mit.
Ein wenig begangener Fernweg von der Schweizer Grenze zum Mittelmeer für Ruhesuchende. Teils wenig Orientierungspunkte am Weg.
Der Begriff Weitwandern ist sehr dehnbar und umfasst alles von technisch anspruchsvollen Routen über einen Schneepass bis zur 50 Grad heißen Schotterstraße in mediterranen Ländern. Dennoch hat Andreas von SPORT 2000 Gramshammer ein paar Experten-Tipps zusammengefasst, die einen auf künftige Wander-Projekte vorbereiten können.
Hier ist wichtig eine verlässliche, praktische und trotzdem leichte Ausrüstung zusammenzustellen. Wenn man das Gewicht einer zehn Jahre alten Standardausrüstung mit einer aktuellen Produktauswahl vergleicht, kann man ca. 35 % einsparen ohne auf Qualität und Funktion verzichten zu müssen. Wichtig ist auch vorab das Material zu checken. Viele Materialien ermüden auch ohne Gebrauch im Alter wie zum Beispiel die Sohle der Bergschuhe.
Die Packliste unterscheidet sich nach Terrain. Im Süden wird etwa regenfeste Kleidung weniger ein Thema sein als im Bergland. Man sollte aber für jedes Wetter gerüstet sein. Also Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor, Kopfbedeckung, Regenbekleidung, Fleecejacke für kalte Tage. Für ermüdungsfreieres Gehen sorgen Wanderstöcke. Stabile Schuhe für die Wanderung und leichte Flipflops für die Hütte gehören auch dazu. Zum Übernachten sollte man einen Hüttenschlafsack, Hygieneartikel und Ohrstöpsel einpacken.
Bei technisch anspruchsvollem Gelände sind Grip und Trittsicherheit ein Muss. Der Schuh braucht eine gewisse Steifigkeit, um auch mit etwas mehr Gesamtgewicht auf Steigen und Felstritten sicher zu stehen. Anders sieht das bei sehr langen und geländetechnisch einfacheren Touren aus. Hier braucht es in erster Linie ein gutes Abrollverhalten und gelenkschonende Dämpfung.
Bei der Bekleidung gilt dasselbe wie bei normalen Wanderungen nur, dass diese für öfteren Gebrauch geeignet sein sollte. Das heißt mit möglichst bakterienhemmenden Materialien wie zum Beispiel Merinowolle ausgestattet sein.
Wir hatten schon Kunden mit 20 kg Rucksäcken im Geschäft, die so zwar topausgestattet waren, aber über die Schwierigkeit von selbst einfachen Etappen ihres Wanderweges gestöhnt haben. Hier ist weniger mehr. Im Idealfall pendelt man sich zwischen 4 und maximal 8 kg (exkl. Verpflegung) ein.
Die Grundausrüstung ist ein kleines, durchdachtes Verbandsset, eine Rettungsdecke, eine Stirnlampe und beim Wandern im alpinen Gelände auch ein Biwaksack sowie ein Notzelt. Diese Ausrüstungsgegenstände können natürlich auch untereinander aufgeteilt werden.
Die Wahl der Etappenlänge kann man erst richtig einschätzen, wenn man seine eigene Leistung kennt. Am besten steckt man seine Ziele anfangs eher niedrig. Es macht keinen Sinn, schon in den ersten Tagen an sein Limit zu gehen, denn das Risiko von Verletzungen und körperlichen Problemen steigt mit zunehmender Belastung. Sich Schritt für Schritt zu steigern und die Etappen zu erweitern, ist am besten.
❒ eigene Leistungsgrenzen realistisch festhalten
❒ Tour auf analogem & digitalem Kartenmaterial vorbereiten
❒ Ausstiegspunkte aus der Route markieren
❒ Übernachtungsmöglichkeiten festhalten
❒ Alternativrouten einzeichnen
❒ Zeit sehr großzügig einplanen
❒ Notfallausrüstung besorgen
❒ Bekanntes bzw. „eingegangenes” Material verwenden
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