Eiskletter-Weltmeister Markus Bendler im Portrait

Alpen im Winter | © Stefan Leitner

Übersicht

Veröffentlicht am 15.10.2022, Lesedauer: 11 Minuten

Markus Bendler lebt zwei Leben. Im einen ist er der freundliche und kompetente SPORT 2000 Händler „Rock’n’Roll” in Tirol. Im anderen ist er zweifacher Eiskletter-Weltmeister. Was ihm die Erfahrungen an der eisigen Wand fürs Leben bringen und warum er mit SPORT 2000 einen guten Ausgleich verbindet, verrät er im Interview.

Schon als Teenager hast du im Klettern das erste Mal für Schlagzeilen gesorgt, als du als erster 15-Jähriger überhaupt eine 8b+/c-Route geklettert bist. Wie hat sich das ergeben?

Ich bin in der Nähe zum Klettergebiet Schleier-Wasserfall aufgewachsen und habe quasi in meiner Kindheit die dortige Entwicklung der Kletterelite bewundert. Die Inspiration durch die dortigen Kletterer wie Alexander Huber war so groß, dass wir damals all unsere Energie in unseren eigenen Fortschritt am Fels steckten und die Schwierigkeitsgrade nach oben schraubten.

Und wie kamst du zum Eisklettern?

Die Faszination für diese vergängliche Materie und der Wille, auch im Winter draußen klettern zu können, waren sicherlich maßgebend. Auch etwas aus der Not heraus, da wir zum damaligen Zeitpunkt keine guten Kletterhallen bei uns in der Gegend hatten.

Was bedeutet es für dich, zweifacher Weltmeister (2007, 2009) in dieser Disziplin zu sein? Und wie lebt man eigentlich als Profi-Kletterer?

Im Eisklettern ist der WM-Titel das höchste erreichbare Wettkampfziel. Diese Titel bedeuten mir retrospektiv sehr viel. Damals waren diese Titel sicherlich auch ausschlaggebend dafür, dass ich eine Zeit lang den Sport als Beruf ausüben konnte.

Was macht den Reiz beim Eisklettern aus?

Eisklettern ist sehr anspruchsvoll in vielerlei Hinsicht. Neben den körperlichen Eigenschaften wie Kraft und Ausdauer braucht es mentale Stärke, um mit den Gefahren umgehen zu können. Ohne Geduld geht im Eisklettern nichts. Und dann ist da natürlich noch die wundervolle Natur, die den Schauplatz stellt.

Nach welchem Schema suchst du dir deine nächsten Herausforderungen aus? Vor allem bei Erstbegehungen?

Ein Schema gibt es nicht. Ich vertraue auf meinen Instinkt und die Erfahrung, die ich über Jahre gesammelt habe. Ich versuche dabei das Risiko so gering wie möglich zu halten und kehre lieber um, wenn ich mir nicht sicher bin. Mein Risikobewusstsein und auch meine Ängste haben sich mit zunehmenden Alter leider, oder Gott sei Dank, verändert.

Wenn du dir eine besondere Erfahrung, die du beim Eisklettern gemacht hast, aussuchen würdest: Welche wäre es?

Es ist schwer den einen besonderen Moment zu definieren. Spontan fällt mir die Erstbegehung des Wasserfalles Hengifoss in Island ein. 2007 besuchten Albert Leichtfried und ich die Insel im Norden, wobei uns unerwartet die erste Begehung des gefrorenen Hengifoss-Wasserfalles gelang. Es war einer der furchteinflößendsten Klettereien in meiner Karriere. Im Inneren des Eispanzers rauschten enorme Wassermassen und auf einer mehr oder weniger stabilen Eisstruktur arbeiteten wir uns vorsichtig nach oben. Bis heute wurde der Wasserfall nie mehr geklettert, was mich ehrlicherweise auch nicht wundert.

Wie schafft man es, sich immer wieder für so eine zermürbende Aufgabe wie deine 9a-Kletterroute am Schleier-Wasserfall zu motivieren?

Der Prozess eine schwere Route zu klettern, macht auch Spass und spiegelt ein wenig das Leben wider. Man stellt sich einer Herausforderung mit ungewissem Ausgang. Der Erfolg entschädigt alle Strapazen.

Woher weiß man eigentlich, was man sich am Eis zutrauen kann?

Nur ein Wort: Erfahrung.

Gibt es Momente, in denen dir Zweifel kommen, ob eine Kletterroute wirklich durchführbar ist? Sowohl bei der Vorbereitung als auch während dem Klettern?

Natürlich! Meistens legen sich die Zweifel erst nach einer erfolgreichen Begehung. Ich würde behaupten, ohne Zweifel bewegt man sich nicht am persönlichen Limit.

Für den Laien klingt Eisklettern noch einmal gefährlicher als normales Klettern. Ist die Eiswand gefährlicher als der Fels?

Eis ist eine fragilere Materie als Fels und schnell vergänglich. Eisklettern ist sicherlich gefährlicher als Felsklettern, aber trotzdem mit Erfahrung und dem nötigen Respekt relativ sicher.

Was empfiehlst du jemandem, der ins Eisklettern einsteigen möchte?

Prinzipiell wäre ein solides Kletterkönnen am Fels ein guter Grundpfeiler. Als Einstieg ins Eis empfehle ich einen Eiskletterkurs bei einer Bergschule.

Musst du beim Material noch mehr Vertrauen mitbringen als beim Felsklettern?

In der Norm gibt es keinen Unterschied. Das Vertrauen in die Sicherungspunkte (Eisschrauben) ist für die meisten gewöhnungsbedürftig, da sie in der Regel von einem selbst angebracht werden. Ein ordentliches Selbstvertrauen schadet also nicht! 

Welches Zusatz-Material nimmst du in die Eiswand mit?

Eisgeräte (Steileis-Pickel), Steigeisen und Eisschrauben ergänzen die Ausrüstung zum normalen Alpinkletter-Equipment.

Welche Ansprüche werden beim Eisklettern ans Material gestellt, die in anderen Szenarien nicht bedacht werden müssen?

Die größte Herausforderung ist oft die Kälte. Ein guter Kompromiss aus warmer Kleidung mit möglichst geringem Gewicht und höchstmöglicher Bewegungsfreiheit ist der Schlüssel zum Spaß. Sehr wichtig sind die Handschuhe – der ideale Kandidat wäre wasserdicht, dünn für genügend Gefühl, warm und robust.

Wo findet man das Material zum Eisklettern?

Bei unserem SPORT 2000 Rock’n’Roll ist alles bis ins letzte Detail verfügbar.

Was konntest du von deinen Erfahrungen an der Eiswand in den Alltag bzw. Breitensport mitnehmen?

Die Geduld ist sicherlich in vielerlei Hinsicht eine Tugend, die ich beim Eisklettern oder generell am Berg oft brauchte und die mir heute im Alltag sehr oft hilft.

Du hast vieles erlebt. Ist dein Alltagsjob nicht etwas zu „bodenständig” für jemanden wie dich?

Der Job als SPORT 2000 Sporthändler ist sehr vielfältig und macht mir Spaß. Die täglichen Herausforderungen sind für mich eine erfüllende Aufgabe. Ich bediene und berate sehr viele Gleichgesinnte und Freunde, so sehe ich es mehr als Berufung denn als Beruf. Außerdem muss ich bei schönem Wetter sehr oft die Ausrüstung, die ich verkaufe, testen.

Beeinflussen deine Erfahrungen die Beratung im SPORT 2000 Geschäft?

Ich denke schon. Sehr viele Kunden vertrauen uns weil wir sehr praxisnah beraten. Wir bedienen ausschließlich Sportarten, die wir selbst – nicht nur ich, sondern unser gesamtes Team – ausüben. Das macht uns denke ich sehr glaubwürdig.

Verschneite Alpen im Winter | © Stefan Leitner

Markus Bendler

Markus Bendler wurde 2007 und 2009 Eiskletter-Weltmeister, ist seit 2013 Inhaber des Rock’n’Roll Mountainstores und seit 2020 Teil der SPORT 2000 Familie. Er ist Vater von zwei Kindern und als Skitourengeher, Mountainbiker und (Eis-)Kletterer noch immer sportlich sehr aktiv.

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